Warum 6200 qm Wald in Mehrow gerodet werden sollen
und wie man diese Zerstörung noch ganz einfach verhindern kann...
Liebe Leserinnen und Leser,
wir beklagen Bienensterben, Artenschwund und den Klimawandel.
Aber was tun wir eigentlich dagegen?
Vielleicht sollten wir unseren Gemeindevertretern vor Ort mal etwas genauer auf die Finger schauen. Zum Beispiel am kommenden Dienstag (14. Mai) im Bauausschuss der Gemeindevertretung Ahrensfelde. Und am Montag darauf (20. Mai) in der Hauptsitzung der Gemeindevertretung.
Dort steht die komplette Zerstörung von 6200 qm Waldflächen in Mehrow zum Beschluss. Der B-Plan für das seit Jahren hoch umstrittene Bauvorhaben im Außenbereich beim Friedhof sieht praktisch die vollständige Rodung einer dicht bewachsenen Waldfläche und der ökologisch ebenso wertvollen Lichtungen vor.
Nur zwei einsame Stil-Eichen sollen stehen bleiben, damit in diesem wertvollen und seltenen Biotop sechs Häuser gebaut werden können und die von einem Spekulanten billigst ersteigerten Brachflächen nun teuer für mehrere 100 000 Euro versilbert werden können.
Alles nicht wahr? Fake News? Schön wäre es.
Bitte schauen Sie in den Entwurf des B-Plans, Download auf der Homepage der Gemeinde unter Ratsvorlagen. Da steht alles - schwarz auf weiß! Hier der Link:
Sie sehen schon in der Vorlage: Der Ausschuss will diesem extrem fragwürdigen und brutal umweltzerstörenden, klimaschädlichen Vorhaben offenbar bedenkenlos zustimmen.
Auf Seite 37 lesen Sie im Umweltbericht, dass die Forstbehörde 6200 qm Fläche komplett als Wald gemäß dem Landeswaldgesetz einstuft.
Auf Seite 39 lesen Sie, das eine Waldumwandlung - sprich Rodung - nötig ist und beantragt werden muss.
Auf Seite 40 lesen Sie, dass deshalb erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft bevorstehen.
Auf Seite 42 lesen Sie, dass Mehrow schon jetzt nur noch einen "forstpolitisch bedenklichen" Waldanteil von kaum noch 10 Prozent hat - vor der Abholzung, wohlgemerkt. Konkreter: Mit der geplanten Abholzung und Rodung würde ein erheblicher Teil der letzten Waldfläche im Ort für eine komplett überflüssige Bebauung vernichtet.
Auf Seite 45 lesen Sie, dass in dem Biotop laut Gutachter mindestens 20 seltene Zauneidechsen leben, deren Lebensraum streng geschützt ist.
Auf Seite 46 lesen Sie, dass auch geschützte Amphibien wegen der Gewässernähe zur Lake erwartet werden können.
Auf Seite 48 lesen Sie, das auf der Waldfläche sagenhafte 24 (!) Vogelarten brüten, darunter: Grünspecht, Zaunkönig, Zilpzalp, Sumpfmeise, Buntspecht, Eichelhäher, Goldammer, Kleiber, Mönchs- und Klappergrasmücke, Nachtigall, Rotkehlchen, Singdrossel, Stieglitz, Fitis, Haussperling und Gartenbaumläufer.
Brutgebiete all dieser Vögel werden durch die Komplettrodung entweder teils massiv beeinträchtigt oder wie im Fall der Dorngrasmücke sogar vollständig vernichtet. Die seltene Goldammer steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten, ebenso der Haussperling. Es bestehe zudem die Gefahr der Tötung durch die Bauarbeiten.
So stellt sich die Frage:
Wird der Bauausschuss dieses frevelhafte Vorhaben stoppen, das weiteren wertvollen Lebensraum geschützter Tiere vernichtet, weitere Landschaft zersiedelt, versiegelt und der Allgemeinheit mehr schadet als nutzt?
Werden die Gemeindevertreter ihrer Verantwortung auch mal gerecht - oder wird auch dieses fragwürdige Bauvorhaben wie so viele davor einfach durchgewunken? So wie einst schon die skandalöse Ausweisung im Flächennutzungsplan? Nach dem Motto: nach uns die Sintflut? Siehe Fridays For Future...
Ja, das sind unbequeme Fragen. Zumal die Fakten glasklar auf dem Tisch liegen. 6200 qm Wald und wertvollen Lebensraum erhalten - oder einen einzelnen Immobilienbesitzer durch einen höchst fragwürdigen B-Plan begünstigen?
Vielleicht erinnern Sie sich an die skandalöse Vorgeschichte, nachzulesen hier:
In Stichworten:
Die Waldfläche war - wie die Flächen beim Friedhof und See - einst Teil des schönen Gutsparks Mehrow, den der Industrielle Robert Stock um 1900 hier errichtete. Herr Stock war Gründer der Deutschen Telefonwerke (DeTeWe). Unser Verein Mehrow 21 e.V. hatte vor Jahren die Einrichtung eines Parks und einer Gedenkstätte vorgeschlagen - ohne Resonanz bei der Gemeinde.
1989-92 begann noch zu DDR-Zeiten ein Bauvorhaben, das auch eine Bebauung der Waldflächen vorsah. Das Vorhaben wurde nie realisiert. Der Bauträger ging pleite, die Brach- und Verkehrsflächen fielen in die Insolvenzmasse. Die Baugenehmigung verfiel 1995 ersatzlos.
2004 beschloss die Gemeinde Ahrensfelde einstimmig den Dorfentwicklungsplan Mehrow. Dieser sah zweifelsfrei die Wiederherstellung des Parkgeländes in dem Waldgebiet vor.
2008 wurde das gesamte Brach- und Verkehrsgelände mit fast 19 000 qm an den Ortsansässigen Heiko Schmidt für nur 45 000.- versteigert, also weniger als 2,50 Euro/qm.
Nur wenige Jahre später bekam Herr Schmidt auf einem Teil der unbebauten Brachfläche im Außenbereich am See bereits die Baugenehmigung für ein Eigenheim. Wert von Bauland damals: mindestens 60 Euro/qm.
Ebenfalls wenige Jahre nach der Versteigerung wurde die große ersteigerte Waldfläche, die laut Beschluss Park zum Nutzen der Allgemeinheit werden sollte, im ersten Flächennutzungsplan von der Gemeinde als Bauerwartungsland ausgewiesen. Eine der Befürworterinnen: die damalige Ortsvorsteherin Dr. Beate Unger. Profiteur: der Grundstücksbesitzer.
Aus Protest gegen diesen Skandal gründete sich unsere gemeinnützige Umweltinitiative Mehrow 21 e.V.. die fortan die Öffentlichkeit und Ermittlungsbehörden über viele fragwürdige Vorgänge informierte und sich für mehr Transparenz bei kommunalen Entscheidungen einsetzt. Auch das ZDF berichtete.
Was nun?
In Sachen Umwelt- und Naturschutz haben die Gemeinde Ahrensfelde und ihre bisherigen Verantwortlichen extremen Nachholbedarf. Die Sicherung von Lebensräumen wurde sträflich vernachlässigt, anders als in fortschrittlicheren und nachhaltiger denkenden Nachbargemeinden.
Es ist schlicht scheinheilig und wirkt nur peinlich, wenn nun manche Verantwortliche in Sonntagsreden und wohlfeilen Kolumnen das Bienen- und Artensterben beklagen, obwohl sie selbst durch ihre Entscheidungen - siehe Mehrow - maßgeblich und nachweislich dazu beitragen.
Es ist eine Schande für die ganze Gemeinde und für uns Bürger, dass nun ein wichtiger Teil dieses letzten größeren Rückzugsgebiets bedrohter Tierarten hier in Mehrow für ein komplett unnützes Bauvorhaben zerstört werden soll. Nochmals: Es ist eine Schande - vorneweg für jeden Gemeinderat, der dafür seine Hand hebt.
Wir werden hier im Blog über den Fortgang berichten und die Verantwortlichen benennen. Und wir werden berichten, wer als Vorbild den Mut hat, sich für den Erhalt dieser unwiederbringlichen Lebensräume einzusetzen - gerade auch jetzt im Wahlkampf. Denn gerade da heißt es, Farbe zu bekennen und sich nicht feige wegzuducken.
Also, werte Gemeindevertreter und Bauausschussmitglieder: Lehnen Sie diesen unnützen B-Plan ab!
Mein persönliches Fazit:
Ich habe in meiner 33-jährigen Berufslaufbahn als Wirtschaftsjournalist über viele Skandale bei der Treuhand, der Bahn, Banken, Bauträger und Kommunen geschrieben. Selten habe ich solch eine offenkundige und unverfrorene Kungelei wie hier vor unserer Haustüre zum Schaden des Gemeinwohls und der Umwelt erlebt, die bis heute von vielen achselzuckend hingenommen wird. Das ist schon erschreckend.