Dienstag, 29. Dezember 2015

Baumschutz auf barnimsch

etwas zum Nachdenken und zum Schluß ein "guter" Rat von Johannes Madeja - 
BVB Freie Wähler

Na, das weiß doch jedes Kind: Bäume darf man nur im Winter fällen, also von November bis Februar. Geschützte Bäume darf man gar nicht fällen - es sei denn, daß es dafür triftige Gründe gibt und man deshalb eine Ausnahmegenehmigung hat. Was ein geschützter Baum ist - auch das ist vielen schon bekannt und jeder kann es in der kreislichen Baumschutzverordnung lesen. Das muß man aber nicht. Jeder große alte Baum ist für die Natur, unsere Umwelt, wertvoll und deshalb schützenswert und da sollte man großzügig sein, auch wenn die Baumschutzverordnung das manchmal ziemlich eng, zentimetergenau sieht.
Großzügig sein heißt hier: Stehenlassen, auch wenn der Baum vielleicht noch nicht die "Schutzmaße" hat.
Je größer und dicker und älter so ein Baum ist desto schützenswerter und schutzbedürftiger ist er. Das ist wie bei uns Menschen auch. Aber ein großer alter Baum leistet für uns wichtige Arbeit. Er verdunstet eine Menge Wasser, sorgt damit für ein gutes Mikroklima, schluckt viel Kohlendioxid und produziert entsprechend viel Sauerstoff. Er ist Heimat für tausende nützlicher Lebewesen - wir sehen davon meistens nur die Singvögel - und er schmückt die Landschaft. Im Herbst, wenn die Blätter fallen, ernten wir die im Sommer produzierte Biomasse und der Kompost, den wir daraus gewinnen, ist gut für unseren Garten. Als Gegenleistung, Lohn für seine Arbeit, verlangt so ein Baum nicht viel. Ein paar Eimer Wasser bei großer Trockenheit und ein wenig Pflegeschnitt, der ihn von überflüssigem Wildwuchs und trockenen Ästen befreit - das war's schon!
Trotzdem - manchmal stört so ein alter Baum. Wenn er zu alt und krank ist und umzukippen droht - dann wird er zur Gefahr und muß entsorgt werden, damit wir uns seinetwegen keine Sorgen mehr machen müssen. Bei alten Menschen ist das manchmal nicht viel anders, aber wir drücken das anders aus. Wir entsorgen sie vorerst in eine Seniorenresidenz (Rentnercontainer), denn sie leisten ja nichts mehr, brauchen viel Pflege und sind sonst nutzlos - ganz im Gegensatz zu einem alten Baum!
Die Barnimer Baumschutzverordnung gilt natürlich für alle Barnimer ohne Ansehen der Person, denn vor dem Gesetz sind ja alle gleich! Ist das wirklich so? Sehen wir mal genauer hin! Zunächst gibt es - nicht nur im Barnim - ein paar Vorzeige-Baumschützer. Wir können sie regelmäßig auf großen Bildern in der Zeitung sehen, bewaffnet mit nagelneuen Spaten und Gießkannen, durchaus öffentlichkeitswirksam einen Baum pflanzen - der Landrat, sein "Vize", Bürgermeister und Amtsdirektoren und Dezernenten, Zoo- und Sparkassendirektor und Geschäftsführer und Direktoren von kreisbekannten Firmen und gelegentlich auch ein Professor der Fachhochschule, gewissermaßen Baumschutzoffiziere.
Wenn es nun darum geht Bäume zu fällen - das ist ja nicht so werbewirksam! - dann sind die Offiziere nicht zu sehen. Wir wissen aber, daß jährlich wesentlich mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt werden. Da scheint die Baumschutzverordnung nicht so richtig zu funktionieren, aber die Landesregierung macht es ja mit dem nicht erfüllten Alleenschutzprogramm vor (MOZ vom 31.07.2015) Das kann also nicht so falsch sein!
Wie ist das nun bei Fällungen mit den triftigen Gründen und den Ausnahmegenehmigungen? Da gibt es bei uns eine Zweiklassengesellschaft. Wenn ein Normalbürger - gewissermaßen Baumschutzsoldat - einen Baum fällen will, dann trifft ihn die Baumschutzverordnung mit aller Härte. Sein Antrag - ohne Antrag geht gar nichts! - wird gründlich geprüft und bearbeitet, was in erster Linie bedeutet, daß genau ausgerechnet wird, wieviel Geld er bezahlen muß, auch für die neuen Bäume, die er zu pflanzen hat! Natürlich muß er für die Fällung triftige Gründe finden und nennen. Und jeder Grund kostet, besonders wenn man den Baum erst im März (Nistzeit"!) fällen will oder wenn er als besonders wertvoll gilt. Wenn der Antragsteller nicht nachpflanzen will (oder kann), dann kostet das extra! Sinn der Prüfung ist es nämlich nicht, möglichst viele Bäume zu erhalten, sondern für Fällgenehmigungen möglichst viel Geld einzunehmen. Die zu zahlende Summe ist das Ergebnis sog. pflichtgemäßen Ermessens und jeder, der schon Erfahrungen mit der Behörde hat, weiß, was darunter zu verstehen ist. Natürlich wird die Behörde, Schreibstube der Offiziere - sie nennt sich im Barnim untere Naturschutzbehörde - hier heftig protestieren, was ihr aber nicht hilft.
Wenn ein "Offizier" einen Baum - oder auch viele Bäume - fällen will, weil sie ihn stören, aus welchen Gründen auch immer, dann darf er auch gesunde alte Bäume fällen, die eigentlich geschützt sind, sogar im Frühling, Sommer oder Herbst. Die Schreibstube liefert ihm diensteifrig die triftigen Gründe. Dazu gehören z.B., daß der Baum das für ihn vorgegebene Lebensalter erreicht hat und deshalb nicht mehr unter die Baumschutzverordnung fällt, daß er schon zu viele trockene Äste hat, die ja herunterfallen könnten (Gefahr!), daß er schon hohl ist, vom Pilz befallen und umzustürzen droht (große Gefahr!) oder daß er mit seinen Wurzeln das Pflaster anhebt, was er wegen der Verkehrssicherungspflicht (ganz große Gefahr!) gar nicht darf. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gründe wirklich zutreffen. Wenn ein Bürger Zweifel anmeldet, dann kann man solche Zweifel natürlich ignorieren, das ist der Normalfall. Wenn einer aber richtig lästig wird und sich gar schriftlich beschwert, dann wird er mit dem Gutachten eines gekauften Baumsachverständigen ruhiggestellt, denn der Sachverständige, der ja vom Schreibbüro (also unseren Steuern) bezahlt wird, gutachtet natürlich so wie er soll. Das Ergebnis ist so klar wie selbstverständlich. Auch gesunde alte Bäume fallen so der Kettensäge zum Opfer, sogar in der besten Brutzeit und es kostet keinen Cent!  Ob und wieviel Bäume neu gepflanzt werden - das muß nicht kontrolliert werden, denn so ein hoher Baumschutzoffizier wie ein Bürgermeister darf sich natürlich selbst kontrollieren. Bürger hüte dich davor, hier  anmaßend zu sein und etwa zu fordern, daß der Bürgermeister fremdkontrolliert wird!

Hier zum Abschluß jetzt eine kleine Chronologie des Baumschutzes im Barnim - ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Liste darf durch weitere Beispiele  ergänzt werden:

April/ Mai 2015: 80 vitale hundertjährige Linden an einer Pflasterstraße in Klosterfelde müssen fallen, weil sie zu der neuen Asphaltstraße nicht passen (die Nisthöhlen wurden vorher verschlossen - von wegen Artenschutz und so!). Die Anwohner wurden nicht gefragt.
April 2015: 2 hundertjährige, gesunde und kräftige Spitzahornbäume in Finowfurt werden in einer Nacht-und Nebelaktion beseitigt. Sie waren angeblich krank.
Mai 2015: Der Landrat, ein leibhaftiger Minister, zwei Landtagsabgeordnete und weitere Honoratioren pflanzen den Baum des Jahres - einen  Feldahorn.
Sept. 2015: Über Nacht ist eine große Kastanie, die vor dem Gebäude der ehemaligen Stadtverwaltung in Finow stand, verschwunden. Die Bürger beschweren sich, auch in der Zeitung, aber das hat keine Bedeutung!
Sept. 2015: 18 hundertjährige vitale Spitzahornbäume fallen in der Walzwerkstraße in Finowfurt. Dort soll eine Asphaltstraße gebaut werden.
Okt. 2015: Anläßlich des Herbstputzes im Zoo (Bock auf Zoo!) pflanzt der Zoodirektor mit zwei Vereinsvorsitzenden, die den Herbstputz  angeregt und unterstützt haben, 2 ( zwei) Wildapfelbäume.

Guter Rat zum Schluß:
Wer einen schönen alten Baum erhalten will - gegen den erklärten Willen der Behörden - der steige da rauf und übernachte da oben vorzugsweise angeschnallt und angekettet. Solcher Widerstand ist rechtens, das hat jetzt ein hohes Gericht zu einem Fall in Baden-Württemberg (Stuttgart 21) entschieden. Da es aber nur wenige Menschen gibt, denen Bäume so wichtig sind, wird das Grün im Barnim weiter abnehmen. Die Trauerweide in Lichterfelde wird fallen. Mit einer Umkehr der Politik, Einkehr ökologischer Vernunft, ist wohl erst zu rechnen, wenn unsere Städte und Dörfer so trostlos aussehen, daß da niemand mehr wohnen will und wenn der Sauerstoff in der Luft, den die Bäume ja produzieren, meßbar abgenommen hat und dafür das Kohlendioxid deutlich angestiegen ist. Für Bürger im höheren Lebensalter, zu denen ich schon gehöre, wird der Sauerstoff noch ein paar Jahre ausreichen und gegen etwas mehr Wärme - dank CO2 - hat ein älterer Mensch meistens nichts einzuwenden. Noch haben wir bei uns nicht so "dicke Luft" wie die Bürger in Athen oder Peking! Also Baumschutzoffiziere und Träger der Auszeichnung "goldene Kettensäge": Was scheren Euch Straßengrün und schöne Bäume - die machen doch nur Arbeit und dafür habt ihr kein Geld! Was kümmert euch der Klimawandel? Nicht global denken und lokal falsch handeln - das ist doch eure Devise! 
Macht weiter so wie bisher! Bäume sind nicht so wichtig!

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