Sonntag, 17. November 2019



Umweltskandal in Mehrow

Wie ein geschütztes Waldbiotop seltener Singvögel und Zauneidechsen mit 92 dB-Höllenlärm an einem Tag zerstört und zerhäckselt wird 

Ein erster Blick auf die massiven Abholzungen im geschützten Waldbiotop am 16.11.2019. Unten die Ansicht vom Oktober 2019 einen Monat vor den jetzigen Zerstörungen. 



 "Wir beseitigen hier nur Aufwuchs wie im Herbst jeder Gartenbesitzer - das ist alles genehmigt!" (Benedikt Eckelt am 16.11.2019 , Sprecher der verantwortlichen Eigentümer Howaldt und Ortschronist von Mehrow / Seite: mehrow.de ) 

Unsere treuen Blog-Leser wissen: Es geht um fetten Reibach. In Ahrensfelde OT Mehrow (Kreis Barnim/Brandenburg) sollen 6200 qm Forst am Ortsrand fast komplett für ein Baugebiet gerodet werden. Ein Umweltfrevel, der bekanntlich nur einen Spekulanten reich machen würde. 

Noch läuft die Bürgerbeteiligung, das Projekt ist auch politisch hoch umstritten. Die Genehmigung ist offen (siehe dazu unsere Posts hier im Blog von Mai, Oktober und November 2019 sowie die Homepage unseres gemeinnützigen Umweltvereins unter www.Mehrow21.de)  

Es gibt bisher kein Baurecht. Trotzdem wurden an diesem Samstag massive Abholzungen vorgenommen. 

Und das, obwohl allgemein bekannt ist, dass alle Umwelt- und Naturschutzverbände im laufenden Verfahren die geplante Wald-Umwandlung und damit schwere Eingriffe in diese wertvollen geschützten Lebensräume ablehnen. Verbands- und Anwohner-Klagen zum Erhalt der Lebensräume streng geschützter Tierarten werden geprüft. 

Mein Freund der Baum ist tot: Abgeholzter sechs Meter hoher Laubbaum mit ca. 17 cm Stammdurchmesser - bisher wertvoller Lebensraum für streng geschützte Brutvögel wie die Goldammer und die Dorngrasmücke.

"Das ist alles genehmigt und hat seine Richtigkeit, das kann ich Ihnen versichern!" (Benedikt Eckelt am 16.11.2019 um 8.30 Uhr am Rande der begonnenen Abholzungen)    

Nicht ohne Grund wollen die örtlichen Immobilienspekulanten daher nun wohl rasch Tatsachen schaffen - nicht zum ersten Mal übrigens (siehe mehrow21.de zu den Kahlschlägen des vormaligen Besitzers Heiko Schmidt). 

Ohne Baugenehmigung und Ankündigung gegenüber den rund 50 Anwohnern wurden an diesem Wochenende (16.11.2019) mit einer brutalen Zerstörungswut von 18 Helfern und Helfershelfern mehrere Hundert größere und kleinere Bäume auf dem Natur-Areal rücksichtslos abgeholzt und unter Höllenlärm sofort zerhäckselt.

Schon um 8 Uhr morgens am Samstag rückten die Abholzer an und begannen unter großem Lärm ihre Arbeit. Wir wurden sofort von Anwohnern benachrichtigt. Als Vereinsvorsitzender von Mehrow 21 stellte ich die Verantwortlichen gegen 8.30 Uhr zur Rede. 

Neben den Eigentümern - der Familie Howaldt aus Mehrow - war der vormalige Besitzer Heiko Schmidt zugegen, der das Areal und weitere Grundstücke 2008 ersteigert hat (18 500 qm Brachland für weniger als 50 000 Euro). Auch ein Baufahrzeug der Firma Rahlf war zu sehen.   

Die meisten Beteiligten wandten sich sofort ab, als ich auf die Gruppe zuging. Herr Howaldt empfing mich grußlos mit dem Hinweis, ich solle sofort "sein Grundstück verlassen". Da hatte ich gerade wenige Schritte von der Straße auf das seit 30 Jahren frei zugängliche Gelände gegenüber unserer Wohnanlage getan.            




Klima-, Arten- , Biotop- und  Umweltschutz? Gerne, aber bitte nicht hier in Ahrensfelde - da sind Interessen von Spekulanten wichtiger als das Allgemeinwohl. Es winken viele 100 000 Euro Verkaufsgewinn! Da muss eben das Waldbiotop dran glauben - auch wenn über den Bau noch gar nicht endgültig entschieden ist.

Bild oben: Herrlicher Herbstwald im Oktober 2019 vor den Zerstörungen.
Danach kam Benedikt Eckelt (Vater von Patricia Howaldt) auf mich zu. Ich fragte ihn freundlich, ob eine Genehmigung für die Eingriffe in dieses geschützte Biotop vorliege. Seine erste Auskunft: "Wir beseitigen hier nur Aufwuchs wie im Herbst jeder Gartenbesitzer - das ist alles genehmigt."

Ich fragte, ob er mir die angebliche Genehmigung zeigen könne. Die Antwort: "Nein, das muss ich nicht." Auf den Hinweis, dass unser gemeinnütziger Umweltverein Mehrow 21 e.V. bereits die Polizei informiert habe, zeigte er mit dann nur kurz eine ausgedruckte Mail der Sachbearbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Barnim in Eberswalde, Anja ReetzDanach wandte er sich grußlos ab. 

In der Mail heißt es nach meiner Erinnerung u.a. sinngemäß, dass Aufwuchs gelichtet werden könne und Zuwege z.B. an der Wendeplatte freigemacht werden dürfen. Vor der Erlaubnis für größere Abholzungen ist darin keine Rede. Wir werden das aufklären.        

Zerstörungswut aus Profitgier: Auch bestehende Baugruppen am Rande zum Park wurden teilweise weggesägt 

Die Polizei war mit einem Einsatzwagen gegen 9.30 Uhr vor Ort. Herr Eckelt zeigte auch den Ordnungshütern die Mail, die darauf erklärten, sie würden diese Großaktion nicht stoppen. Auf meinen erneuten ausführlichen Hinweis, hier gehe es um unerlaubte Eingriffe in Biotope streng geschützter Arten und es lägen bisher keinerlei Baugenehmigungen vor, wurde nicht reagiert. Die Polizisten wirkten überfordert.  

Zerschreddertes Biotop: Von 9 bis fast 17 Uhr wurden mit Höllenlärm von bis zu 92 dB (laut Messung) und massiven Erschütterungen zahlreiche vor wenigen Wochen noch prächtiges Laub tragende Bäume in Sägemehl  verwandelt  

Um was geht es uns? Unser gemeinnütziger Umweltverein Mehrow 21 setzt sich satzungsgemäß für den Erhalt dieser Biotope als "grünes Herz" von Mehrow ein und wird wie schon 2010-2013 mit allen verfügbaren Mitteln für den Erhalt der Waldflächen kämpfen. 

Schon damals konnten wir nach den Kahlschlägen weitere schädliche Eingriffe u.a. durch Strafanzeigen und Dienstaufsichtsbeschwerden sowie Offene Briefe an maßgebliche Politiker im Land verhindern. 

Die Zweite Offenlegung der Pläne zu diesem strittigen Vorhaben hat gerade erst begonnen. Alle Bürger von Ahrensfelde können sich beteiligen und sind erneut aufgefordert, ihre Einwände vorzubringen. Infos dazu gibt es im aktuellen Amtsblatt.

Wie im Blog hier vor wenigen Tagen berichtet, ist das Vorhaben zu Recht sehr umstritten. Die kürzliche weitere  Abstimmung der Gemeindevertretung war keineswegs einstimmig, sondern endete 13:6, also mit sechs Gegenstimmen. Hätten nur vier weitere Angeordnete abgelehnt, wäre die beabsichtigte Rodung von 6200 qm Wald zumindest vorerst gestoppt worden.   

Nur die CDU, die SPD, Freie Wähler und die AfD stimmten bisher geschlossen dafür. Vielleicht denken diese Abgeordneten jetzt nach diesem skandalösen Umweltfrevel noch einmal über ihre Verantwortung für Arten-, Umwelt - und Klimaschutz nach, wie es die Abgeordneten der Grünen, der Linken, der Unabhängigen und des Bürgervereins Eiche dankenswerterweise schon getan haben. 

In einem demokratischen Rechtsstaat sollten solche Faustrecht-Aktionen mitten in einem Genehmigungsverfahren nicht geduldet werden und auch politische Konsequenzen haben. Sprich: Die Zustimmung für das fragwürdige Vorhaben sollte von der Gemeindevertretung als alleiniger Souverän endlich versagt werden.     




Kleinholz im geschützten Biotop von Dorngrasmücke, Grünspecht und Goldammer - so schaffen ortsansässige Spekulanten in Ahrensfelde einfach mal Tatsachen. Oben die Ansicht vom Oktober 2019 vor der Abholzung.    
Wie kann es jetzt weitergehen? Fakt ist: Die Forstbehörde hat das Areal als eine der wenigen in Mehrow verbliebenen Waldflächen eingestuft. Daran ändern die erneuten Abholzungen überhaupt nichts. 

Die Flächen könnten wie schon in den letzten 25 Jahren schnell wieder mit jungen Buchen und Birken bewachsen sein und wieder eine herrliche und ökologisch wertvolle Ergänzung zum angrenzenden See-, Park- und Friedhofsgelände und den ausgeräumten Agrarsteppen nebenan sein. 

So sieht das Areal nach der Abholzung aus (Ausschnitt)

Zur Erinnerung: 2004 hat die Gemeinde Ahrensfelde lange vor der Versteigerung (!) die Erweiterung des Parks an dieser Stelle einstimmig beschlossen (siehe auch mehrow 21.de mit Original-Dokumenten und Beschlüssen). Die Flächen sollten demnach ein öffentlicher Park für alle werden, nicht privates Bauland für einige wenige!

 Dieser Beschluss lässt sich weiterhin im Interesse des Gemeinwohls umsetzen. Ein Park für alle, ein grünes Herz für Mehrow und geschützte Arten statt weiterer Zersiedelung! 

Die Gemeindevertretung kann das immer noch jederzeit beschließen. Es gibt keine Pflicht, Mehrow weiter zu zersiedeln, im Gegenteil.

Warum setzt sich der Ortsvorsteher und frühere Amtsleiter Bernhard Wollermann (SPD) nicht für das Allgemeinwohl ein und stattdessen für die Privatinteressen der Bebauung? Auch seine Rolle wird noch zu klären sein.     


Der Käufer der Flächen genießt jedenfalls keinen Vertrauensschutz. Das Areal wurde so billig versteigert, weil es bis 2008 und danach Brachland im Außenbereich war, ohne Aussicht auf Bebauung. 

Der damalige Käufer Schmidt hat bereits eine Teilfläche bebaut und seinen Reibach mehr als gemacht. Die befreundeten Nachfolger Howaldt wussten, auf was sie sich einlassen.       

Es ist und bleibt ein Skandal, dass nun in geschützten Lebensräumen solche zerstörerischen Eingriffe vorgenommen werden, bevor über das Bauprojekt überhaupt entschieden ist und Genehmigungen erteilt sind. 

In einem demokratischen Rechtsstaat sollte das nicht geduldet und vielmehr konsequent geahndet werden.
  
  

Was sollen die Bürger denken, die im aktuellen Amtsblatt aufgerufen werden, ihre Einwände zum Vorhaben vorzubringen, während die Eigentümer des Areals schon Fakten schaffen und abholzen?

Auch alle Gemeindevertreter sollten empört sein, dass sie damit faktisch übergangen werden und ihre Entscheidungen in der per Gesetz vorgeschriebenen weiteren Abwägung von den Eigentümern nicht abgewartet werden. 

Und was meint eigentlich Bürgermeister und Verwaltungschef Gehrke (CDU) zu diesem Umweltfrevel, der Tatsachen schaffen soll? Wie erklärt er den kritischen Umwelt- und Naturschutzverbänden diese Eingriffe? 

Was unternimmt die Gemeinde, was der zuständige Landkreis? Und hat die Untere Naturschutzbehörde mit der Mail von Frau Anja Reetz solche Abholzungen tatsächlich genehmigt?



Wir werden das aufklären, versprochen! Die fragwürdigen und schmierigen Vorgänge rund um dieses Natur-Areal bleiben ein Schandfleck für die Gemeinde Ahrensfelde und für den ganzen Landkreis. 

So kann man in Zeiten des dramatischen Klimawandels und des alarmierenden Artensterbens nicht (mehr) mit den letzten natürlichen Biotopen eines Ortes umgehen. Das ist schlicht verantwortungslos. 




























































1 Kommentar:

  1. Ein Bürger zum Skandal in Mehrow

    Die Zerstörung des Waldbiotops in Mehrow schmerzt und erinnert uns an die großflächige Abholzung des Birkenwäldchens für den Neubau des 2. Kunstrasensportplatzes.
    Genau die gleiche Masche lief auch bei uns ab. Erst wurde es Unternehmern mehrmals erlaubt, den Wald auszudünnen. Der damalige Ortsbeiratsvorsitzende Herr Hackbarth benutzte die gleichen Worte, wie jetzt Herr Joachim, und bezeichnete den Wald als Wildwuchs. Traurig der Anblick jetzt. (siehe Anhang)

    Skrupellos geht der Kahlschlag in der Gemeinde Ahrensfelde ohne Rücksicht auf Natur und Mensch weiter.

    Bleibt es bei der Erhöhung des Walls, wie es zur Zeit aussieht? (Das sind keine 3 Meter). Auch die bis jetzt abgesteckte Fläche für Neuanpflanzungen ersetzen bei weitem nicht die dafür geopferte Waldfläche. Die Höhe und Menge der Flutlichtmasten in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung ist bestimmt nicht nach Vorschrift.


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