Donnerstag, 31. Mai 2012

Platzeck: Ossis streiten weniger gern als Wessis


Liebe Leser, in meinem Redaktionsalltag flattern mir immer wieder interessante Meldungen auf den Tisch. Unser Ministerpräsident hat zum Beispiel ein Interview mit der angesehenen Wochenzeitung DIE ZEIT geführt, das heute erschienen ist und Aussagen enthält, über die man – ja, genau: streiten kann.      
Hier die Vorabmeldung der ZEIT im Wortlaut:
„Nach Auffassung von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) streiten Ostdeutsche weniger gern als Westdeutsche. Er beobachte, „dass Ost und West sich in der Öffentlichkeit unterschiedlich kontrovers auseinandersetzen“, schreibt Platzeck in einem Beitrag für die Wochenzeitung DIE ZEIT. Als eine Ursache nennt er die „unterschiedliche Sozialisation“: Während das Leben im Westen auf Wettbewerb ausgerichtet und konfrontativ verlaufen sei, sei es in der DDR eher kooperativ gewesen. „So erzogen, ist man leiser, zurückhaltender, vermittelnder“, so Platzeck. Nach der Wende „wurde insbesondere ritualisierter politischer Streit im Osten als hinderliche Polemik empfunden. Vielleicht ist deshalb auch der Begriff ‚Streit bei den meisten Ostdeutschen immer noch eher negativ besetzt.”
So  weit die Aussagen unseres Ministerpräsidenten, die alllerdings nicht so recht weiterführen und ziemlich rückwärts gewandt erscheinen. Das dachten sich wohl auch die Kollegen der ZEIT und haben lieber mal gleich auch noch einen angesehenen ehemaligen DDR-Bürgerrechtler zum Thema befragt. Hier seine Anmerkungen:
„Vor diesem Hintergrund wünscht sich der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Frank Richter, mehr Streitlust im Osten. „Die Wertschätzung des politischen Streits ist im Osten nicht so stark ausgeprägt, wie ich mir das wünsche“, sagte der frühere Bürgerrechtler im ZEIT-Interview. „Ich habe den Eindruck, dass politische Debatten in den alten Bundesländern viel selbstverständlicher geführt werden“, so Richter. Für „geistige Wandlungsprozesse“ seien 20 Jahre ein zu kurzer Zeitraum. „Die DDR war als Konsensgesellschaft angelegt. Das heißt, dass der offen ausgetragene Streit nicht vorgesehen war“, sagte der Theologe. „Man darf nicht unterschätzen, wie stark und wie lange dieses erlernte Verhalten nachwirkt.“ Es gebe im Osten „das Defizit, dass man weniger bereit ist, die Zumutungen auszuhalten, die zur Demokratie gehören“.
Um für Debatten zu werben, hat Sachsens Landeszentrale für politische Bildung das Jahresmotto „Lasst uns streiten!“ ausgerufen.“
So weit Frank Richter zum Thema. Mehrow 21 e.V. begrüßt das Jahresmotto von Sachsens Landeszentrale für politische Bildung. Wir sind streitlustig! Denn nur durch offene, transparente, kontroverse Debatten lassen sich Konflikte fair beilegen und Interessengegensätze auflösen, nicht durch Machtdemonstrationen, Gekungel in Hinterzimmern und Diffamierungen. Wo Streitkultur und Konfliktbereitschaft fehlen, machen sich Duckmäuser, Mitläufer und Opportunisten breit – ganz unabhängig von Himmelsrichtungen und Sozialisation.
In diesem Sinne: Unser Umwelt- und Bürgerverein Mehrow 21 e.V. wird für seine Ziele weiter mit Lust, Transparenz und Fairness streiten. Es lohnt sich: Wir haben schon einiges mit unseren Initiativen erreicht.  Wer mitmachen will und unsere Anliegen teilt, ist herzlich willkommen. Eine Mail oder ein Anruf genügen.
Thomas Wüpper
Mehrow 21 e.V.
Erster Vorsitzender 

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