Liebe
Leser, in meinem Redaktionsalltag flattern mir immer wieder
interessante Meldungen auf den Tisch. Unser Ministerpräsident hat zum
Beispiel ein Interview mit der angesehenen Wochenzeitung DIE ZEIT
geführt, das heute erschienen ist und Aussagen enthält, über die man –
ja, genau: streiten kann.
Hier die Vorabmeldung der ZEIT im Wortlaut:
„Nach
Auffassung von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD)
streiten Ostdeutsche weniger gern als Westdeutsche. Er beobachte, „dass
Ost und West sich in der Öffentlichkeit unterschiedlich kontrovers
auseinandersetzen“, schreibt Platzeck in einem Beitrag für die
Wochenzeitung DIE ZEIT. Als eine Ursache nennt er die „unterschiedliche
Sozialisation“: Während das Leben im Westen auf Wettbewerb ausgerichtet
und konfrontativ verlaufen sei, sei es in der DDR eher kooperativ
gewesen. „So erzogen, ist man leiser, zurückhaltender, vermittelnder“,
so Platzeck. Nach der Wende „wurde insbesondere ritualisierter
politischer Streit im Osten als hinderliche Polemik empfunden.
Vielleicht ist deshalb auch der Begriff ‚Streit‛ bei den meisten Ostdeutschen immer noch eher negativ besetzt.”
So weit die Aussagen unseres Ministerpräsidenten, die alllerdings nicht so recht weiterführen und ziemlich rückwärts gewandt erscheinen. Das dachten sich wohl auch die Kollegen der ZEIT und haben lieber mal gleich auch noch einen angesehenen ehemaligen DDR-Bürgerrechtler zum Thema befragt. Hier seine Anmerkungen:
„Vor
diesem Hintergrund wünscht sich der Direktor der Sächsischen
Landeszentrale für Politische Bildung, Frank Richter, mehr Streitlust im
Osten. „Die Wertschätzung des politischen Streits ist im Osten nicht so
stark ausgeprägt, wie ich mir das wünsche“, sagte der frühere
Bürgerrechtler im ZEIT-Interview. „Ich habe den Eindruck, dass
politische Debatten in den alten Bundesländern viel selbstverständlicher
geführt werden“, so Richter. Für „geistige Wandlungsprozesse“ seien 20
Jahre ein zu kurzer Zeitraum. „Die DDR war als Konsensgesellschaft
angelegt. Das heißt, dass der offen ausgetragene Streit nicht vorgesehen
war“, sagte der Theologe. „Man darf nicht unterschätzen, wie stark und
wie lange dieses erlernte Verhalten nachwirkt.“ Es gebe im Osten „das
Defizit, dass man weniger bereit ist, die Zumutungen auszuhalten, die
zur Demokratie gehören“.
Um für Debatten zu werben, hat Sachsens Landeszentrale für politische Bildung das Jahresmotto „Lasst uns streiten!“ ausgerufen.“
So
weit Frank Richter zum Thema. Mehrow 21 e.V. begrüßt das Jahresmotto
von Sachsens Landeszentrale für politische Bildung. Wir sind
streitlustig! Denn nur durch offene, transparente, kontroverse Debatten
lassen sich Konflikte fair beilegen
und Interessengegensätze auflösen, nicht durch Machtdemonstrationen,
Gekungel in Hinterzimmern und Diffamierungen. Wo Streitkultur und
Konfliktbereitschaft fehlen, machen sich Duckmäuser, Mitläufer und
Opportunisten breit – ganz unabhängig von Himmelsrichtungen und
Sozialisation.
In
diesem Sinne: Unser Umwelt- und Bürgerverein Mehrow 21 e.V. wird für
seine Ziele weiter mit Lust, Transparenz und Fairness streiten. Es lohnt
sich: Wir haben schon einiges mit unseren Initiativen erreicht. Wer mitmachen will und unsere Anliegen teilt, ist herzlich willkommen. Eine Mail oder ein Anruf genügen.
Thomas Wüpper
Mehrow 21 e.V.
Erster Vorsitzender